Calw-Stammheim. Familie Nebenan schlenderte in die Zuschauerreihen hinein und schnell war klar, dass sie auf dem Weg in ein Sanatorium ist, um Nachbar Horst Helfrich zu besuchen. Allerdings sträubte sich Tochter Nadine vor dem Gang in die Klapse. Nagte unter Umständen ihr schlechtes Gewissen an ihr, nachdem sie beinahe rücksichtslos Nerven und Zeit der Nachbarn mit ihrem Liebeskummer sowie einer Versöhnungsparty strapaziert hatte?
Jede Menge Unruhe durchkreuzt Pläne
Denn ausgerechnet in Vorbereitung seines Karrieresprungs zum Gruppenleiter wurde Horst auf eine gehörige Geduldsprobe gestellt. Und das nicht nur von den Nachbarn, sondern schon von der eigenen Familie. In vier Akten, angelehnt an die vier Nächte vor dem Entscheidungsgespräch zur Beförderung, präsentierte das Maurich-Theater sein aktuelles Stück "Mordgedanken – oder schnarcht ihre Frau auch?" von Andreas Heck.
Es hatte eigentlich alles so gut begonnen mit der Aussicht auf die Beförderung. Um hellwachen Arbeitseifer an den Tag legen zu können, wollte Horst auf Empfehlung seiner Ehefrau Helga ausreichend viel schlafen. Deshalb zog der Hausherr die Schlafenszeit vor und ging früh zu Bett, nämlich zur besten Vorabendserienzeit.
Allerdings hatte er die Rechnung ohne sein Umfeld gemacht. Nicht nur, dass die Angetraute lesen wollte und das bei Licht. Auch Vater Hermann ließ den Sohnemann mit seiner Angst vor einrückenden Russen nicht zur Ruhe kommen. Und dann war da noch die trinkfreudige Familie Nebenan. Ganz zu schweigen von der vermeintlichen neuen Mieterin im Haus, Frau Schmitt, deren Pakete ständig im Haushalt Helfrich hinterlegt wurden. Dass ausgerechnet die Psychologin der Firma, in der Horst auf die Beförderung hoffte, den gleichen Namen trug, war dem Karrieresprung nicht dienlich.
Ein ums andere Mal zerrten die Störungen, unter anderem durch den kommunikationsfreudigen Wellensittich, an Horsts Nerven. Nicht zuletzt die schnarchende Helga neben ihm ließ bei Horst Mordgedanken aufkommen. Einzig sein gestrickter Teddybär Franz-Josef war ihm noch nahe.
Urkomisch und vor allem mit unglaublicher Mimik präsentierten die Laienschauspieler die Komödie. Auch das 25. Stück des Gastgebers in der Aula des Maria von Linden-Gymnasiums begeistert die Zuschauer. Nach den ersten drei von insgesamt fünf Vorstellungen wissen zumindest die bisherigen Besucher, ob es Horst gelingt, die Karriereleiter zu erklimmen und was zu seiner Einweisung in die Psychiatrie führte. Mehr noch, die Gäste der aktuellen Komödie waren zudem Zeuge der "Oskar-Verleihung" an Stefan Lörcher, der Horst Hilfreich spielt. "Er ist der einzige Darsteller in unserem Ensemble, der in allen bisherigen Stücken mitspielte", unterstrich Tanja Lietz, Vorsitzende des Maurich-Theaters.
Von Steffi Stocker 31.12.2018 - Schwarzwälder Bote